LASNIK // PROFESSIONALS ON DEMAND

FAMILY AFFAIR

Jenseits der Alpen – in der beschaulichen Steiermark – wird von einer Optikerfamilie eine ganz besondere Brillengeschichte geschrieben. Die Familie Lasnik ist für ein Optikgeschäft überraschend aktiv. Ihr Geschäft – eines der größten in Rosental – beherbergt nicht nur ein schönes Portfolio hochwertiger Independent Labels, sondern dient auch als Firmensitz, in dem Gerald und seine Söhne Martin und Andreas selber Produkte entwickeln und sich um Marketing und Vertrieb kümmern. Wir besuchen die drei einen ganzen Tag lang für eine Home Story, erfahren vieles über die Region und die Familie, aber auch über die unterschiedlichen Projekte, an denen die Lasniks arbeiten. Es sind einige. Besonders beeindruckend ist der Pragmatismus, mit dem die drei unterschiedlichen Charaktere zur Sache gehen. Und das Selbstverständnis, mit dem sie als Familie zusammenarbeiten und funktionieren. Aber die drei, die bereits vor 20 Jahren in einer Fußballmannschaft gemeinsam auf dem Rasen standen, scheinen auch heutzutage noch sehr gut als Team zu funktionieren.

Zunächst einmal ‚Danke‘ für den herzlichen Empfang und den Pick-Up am Flughafen in Graz. Die Autofahrt nach Rosental mutet ja schon ein wenig provinziell an.

Gerald: Naja, so ganz urban geht es bei uns ja auch nicht zu. Mit unseren 1.600 Einwohnern sind wir keine Weltstadt – aber wir sind auf dem besten Weg dahin. Wir lieben das Provinzielle, das Persönliche.

Was ist anders am Leben südlich der Alpen?

Gerald: Vor allem das Klima, die Nähe zur Adria merkt man schon. Von Rosental aus sind es nur zweieinhalb Stunden Richtung Süden und man liegt am Strand. Wenn wir Skilaufen wollen, fahren wir zwei Stunden nordwärts nach Schladming. Unsere geographische Lage hat schon was.

Wie wir noch sehen werden, seid Ihr nicht nur Optiker, sondern Ihr befasst Euch mit Themen wie Marketing, Design und Vertrieb. Geht das von hier aus überhaupt?

Martin: Das ist der positive Aspekt der Globalisierung. Du kannst deine Ideen und Visionen von ziemlich jedem Fleck der Erde aus umsetzen. Die Möglichkeiten mit Internet usw. sind schon ziemlich cool. Jedoch musst du natürlich auch selbst in die weite Welt hinaus und dir deine eigene Meinung bilden. Du musst wissen, was sich am Brillenmarkt so tut, was los ist und wo die Reise hingehen wird.

Habt Ihr dennoch mal darüber nachgedacht, woanders hinzugehen? Graz? Oder Wien?

Andreas: Natürlich ist das immer ein Thema. Lustigerweise hatten wir letztes Jahr eine Anfrage bezüglich einer Shop-Eröffnung in Los Angeles. Kalifornien wäre schon super cool, aber wir leben nun mal in erster Linie vom Team, von der Familie. Die richtigen Mitarbeiter für so ein Vorhaben sind wirklich sehr rar gestreut und Energie ist bekanntlich ja auch endlich. Vorerst konzentrieren wir uns also auf EYESHAKER und SEEOO. Alles Weitere wird sich zeigen.

Dazu später mehr, zunächst noch mal zu den Anfängen. Wie kamt Ihr in die Optik?

Gerald: Ich bin 1955 als Sohn einer Bergarbeiterfamilie zur Welt gekommen und durfte mich über eine sehr einfache, aber wunderschöne Kindheit erfreuen.  Ich begann 1972 eine Ausbildung zum Augenoptiker. Zu dieser Zeit war unser Beruf zu 80% reines Handwerk und so konnte ich das „Brillenmachen von Hand“ von der Pike auf lernen. Das entfachte in mir die Leidenschaft fürs Brillenhandwerk.

1996 hast Du dann mit Sohn Martin Dein eigenes Geschäft eröffnet. Was war Eure Motivation hierzu?

Martin: Ganz ehrlich, die Schule war nicht so meins. Und als mein Vater mir von den Plänen eines eigenen Geschäftes erzählte, war ich Feuer und Flamme. Er ist mit dem Fußball in unserer Region weit herumgekommen, hatte viele Freunde, die uns sofort unterstützten. Der Schritt, einen eigenen Laden zu eröffnen, war sicher kein einfacher für uns, aber die beste Entscheidung, die mein Vater je treffen konnte!

Und Du, Andreas, hast dann ebenfalls in dem Geschäft als Optiker angefangen?

Andreas: Ja, mit 16 habe ich ein Jahr bei uns in der Firma gearbeitet.

Warum nur ein Jahr?

Andreas: Weil ich mir dann meinen Kindheitstraum erfüllte und meinen ersten Profivertrag als Fußballer unterschrieben habe.

Wo hat es Dich dabei überall hin verschlagen?

Andreas: Ich spielte bis Januar 2016 in Vereinen in Österreich, Deutschland, den Niederlanden und Griechenland.

Und danach?

Andreas: Dann habe ich nach 14 Jahren Profifußball meine Karriere beendet und mich voll und ganz den Projekten in unserem Familienbetrieb gewidmet.

Ein ungewöhnlicher Einstieg in die Brillenbranche. Martin, wie weit haben Dich denn Deine Ballkünste gebracht?

Martin: In die 3. Liga, das war aber auch das Maximum. Wir waren eine absolute Fußballfamilie. Wir hatten sogar mal ein Meisterschaftsspiel, bei dem wir alle drei auf dem Feld standen und mir mein Vater sogar ein Tor aufgelegt hat. So etwas vergisst man nicht.

Ihr habt Euer Geschäft an einer Hauptstraße quasi zwischen zwei Orten. Mit viel Laufkundschaft kann man hier nicht rechnen, oder?

Gerald: Nein, Laufkundschaft gibt es bei uns nicht! Wer zur Tür reinkommt, will definitiv etwas von dir. Du kannst bei uns ja quasi im Geschäft parken und die Bushaltestelle liegt auch direkt vor unserer Tür. Für uns ist das ein riesen Plus.

Was zeichnet Euer Geschäft aus?

Martin: Wir lieben, was wir tun! Das spüren unsere Kunden von der ersten Sekunde an. Wir haben uns in beiden Bereichen, Mode und Optik weiterentwickelt. Authentizität ist da das Schlüsselwort. Sich fachlich und modetechnisch am Puls der Zeit zu bewegen, ist nicht immer einfach. Es kostet viel Energie, aber unsere Kunden honorieren das.

Ihr seid deutlich bekannter als der herkömmliche Optiker. Das liegt auch daran, dass Ihr Euer Wirkungsspektrum erweitert und selbst Produkte entwickelt habt. Wie kam es dazu?

Gerald: Wir sind alle drei sehr designaffin. Das Projekt SEEOO war quasi der Startschuss, um eigene Ideen zu skizzieren und umzusetzen. Wir sind absolut keine Theoretiker und das merkt man bei unseren Produkten. Wir arbeiten im Shop eng mit unseren Kunden zusammen, sehen die Bedürfnisse und Wünsche. Das Ganze soll nämlich auch funktionieren und nicht nur gut aussehen!

Was befähigt Euch überhaupt dazu, nun selbst Produkte zu entwickeln?

Andreas: Wir selbst befähigen uns dazu. Du brauchst ja von keinem eine Erlaubnis einzuholen, die Verantwortung und das Risiko liegen ja bei dir. Wir haben zwar kein Designstudium oder ähnliches hinter uns, dafür sind wir so unterschiedlich gestrickt, dass die Summe unserer Fähigkeiten doch sehr besonderes ist. Gutes Bauchgefühl, Leidenschaft, Ehrgeiz und ein Gespür für Formen und Trends sind schwer zu lernen.

Hilft es dabei, dass Ihr eine Zwei-Generationen-Company seid?

Martin: Es ist nicht immer leicht, zwei Generationen unter einen Hut zu bringen, aber es lohnt sich. Die unterschiedlichen Blickwinkel und Fähigkeiten sind schon eine coole Sache!

Dennoch raten ja viele: „Trenne immer beruflich und privat“. Ihr skizziert ein Gegenmodell. Funktioniert das?

Gerald: Ich glaube, wenn das, was du tust, deine Leidenschaft ist, und wenn sich auch noch die ganze Familie mit an Bord befindet, dann gibt es kein „beruflich und privat“. Dann ist das dein Leben! Aber natürlich gibt es eine klare Aufgabenverteilung ansonsten wäre das Chaos vorprogrammiert.

Wie sieht die aus?

Gerald: Wichtig ist vor allem Selbsterkenntnis, d.h. du musst deine Stärken und Schwächen kennen. Wir haben unglaubliches Glück, dass wir drei komplett verschiedene Stärken haben.

Wir sind ganz Ohr.

Martin: Papa ist der Techniker. Er entwirft und baut Prototypen, entwickelt neue Gelenke oder Stegsysteme, arbeitet an der Produktion. Bei ihm ist alles absolutes HANDWERK!

Andreas ist der Umsetzer. Er bringt die Dinge auf den Punkt. Andreas kommt ja aus dem Profisport. Menschenkenntnis, Ehrgeiz und zielorientiertes Denken sind da ein Muss. Sein Netzwerk ist natürlich ein riesen Plus.

Andreas: Und Martin ist der Kreative, er hat ein gutes Gespür für Design. Er erkennt die Trends und ist immer am Puls der Zeit. Sein Gespür und seine Kenntnis vom Markt sind extrem wichtig für unser Unternehmen.

Inwiefern müssen bei Euch neue Produkte schnell funktionieren?

Gerald: Wir haben den Optikladen im Hintergrund. Das war immer unsere Basis. Aber die Risiken werden natürlich immer höher, der Einsatz wird größer. Jetzt reden wir über Marketing, Produktion, Vertrieb etc. Da macht man sich schon Gedanken, zumal wir ja keine Investoren im Hintergrund haben.

Ihr habt ja schon mehrere Produktbereiche aufgebaut. Wie geht Ihr dabei vor? Startet Ihr mit einer Marktanalyse?

Martin: Wenn es um Leidenschaft und Bedürfnisse geht, brauchen wir keine Marktanalyse. Die Idee, der Gedanke muss als erstes uns selbst gefallen. Ich muss die Idee tragen wollen, die Idee verwenden wollen, das ist unsere Referenz.

Andreas: Oft muss man einfach mal damit starten, man kann nicht immer alles zerdenken! Prototypen werden entwickelt, wieder verändert, angepasst, Marketingpläne erstellt und wieder verändert. Es ist ein immer fließender Prozess. Das mit Abstand wichtigste ist aber, dass DU mit dem Endergebnis zufrieden bist. Es steht ja auch dein eigener Name drauf.

Was war Euer erster Ausflug außerhalb Eures Optik-Geschäftes?

Gerald: 2009 habe ich den Lesebrillen-Sektor sondiert und mir ist aufgefallen, dass es nichts im Bereich „Schnelles Lesen“ gab. Das war die Geburtsstunde von SEEOO.

Was steckt hinter dem Konzept?

Gerald: Bei SEEOO dreht sich alles um dieses eine Thema. Der Zwicker ist ein Zusatz zur Lesebrille, zur Sonnenbrille, zur Sportbrille oder zur Kontaktlinse. Er besticht durch seine geringe Größe und seine Handlichkeit, aber vor allem durch seine Geschwindigkeit. Speziell in Verbindung mit dem Handycover hat man alles stets in Sicht – all das „Made in Austria“. Darauf sind wir sehr stolz.

Inzwischen gibt es aber auch Gestelle mit Bügeln. Darf man von einer vollwertigen Kollektion sprechen?

Martin: Absolut. Es hat schon was, wenn man seine eigene Brille auf der Nase tragen kann. Beim Zwicker haben wir eine sehr spezielle Form. Diese wurde aufs große Brillengestell übertragen. Es war uns wichtig, rund um den Zwicker eine vollwertige Kollektion zu entwickeln, die den Markenauftritt stärkt. Außerdem können wir damit unsere Leidenschaft, das Brillendesign, ausleben.

Tretet Ihr damit nicht in Konkurrenz zu Marken, die Ihr auf der anderen Seite in Eurem Geschäft verkauft?

Andreas: Nein, ganz im Gegenteil. SEEOO ist ein Teil unseres Geschäfts und wird wie alle anderen Marken präsentiert. Wir haben es sogar geschafft, Kollaborationen mit anderen Marken zu launchen.

Beispiele bitte.

Andreas: ic! berlin ist seit unseren Anfängen eine wichtige und fixe Marke bei uns im Geschäft. Seit zwei Jahren arbeiten wir nun schon zusammen und haben mittlerweile eine ganze Kollektion zusammen mit der Berliner Manufaktur produziert. Da der SEEOO-Shape einzigartig ist, kommen wir uns da im Markt auch nicht in die Quere und profitieren nur voneinander.

Ist Euch der besondere Shape als optische Sichtmarke wichtig?

Martin: Ja! Um im Brillendschungel nicht unterzugehen, musst du dich als Independent Brand irgendwie profilieren. Wir sichern unseren Wiedererkennungswert über die Form der Brille. Der SEEOO-Shape, also die runde Form mit dem Eck, ist sehr auffällig und zieht sich durch die gesamte Kollektion.

Was sind die besonderen Herausforderungen bei der Eigenmarke?

Gerald: Neben dem ständigen Umsetzen von neuen Ideen, die dem Kunden das Lesen erleichtern, ist es bestimmt der Vertrieb des Produktes in die ganze Welt.

Inwiefern?

Gerald: Das internationale Geschäft mit all seinen Herausforderungen ist nicht so einfach und dazu ist der richtige Partner vor Ort extrem wichtig.

Wie nehmen die Optiker das Thema an?

Gerald: Der Optiker an sich verkauft nicht gerne Fertigprodukte. Das kennen wir auch aus unserem eigenen Geschäft. Wir müssen jetzt dem Optiker vermitteln, dass er den Zwicker nicht als Hauptbrille, sondern als Zusatz zu einer anderen Brille verkaufen soll, um dem Kunden schnelles Lesen unterwegs zu ermöglichen. Dem Optiker den Nutzen von Zusatzverkäufen zu vermitteln, ist allerdings nicht immer ganz einfach.

Die Lesebrille ist ja schon auch eine Konkurrenz zur gern verkauften Gleitsichtbrille, oder?

Martin: Auf keinen Fall! Die Lesebrille oder der Zwicker sollte zur Gleitsichtbrille dazu verkauft werden. Gerade der Zwicker hat ein ganz anderes Einsatzgebiet und hilft dem Kunden, einfach und schnell eine Speisekarte oder ein SMS zu lesen.

Verkauft Ihr die Produkte denn auch woanders?

Martin: Wir verkaufen sehr erfolgreich vor allem bei den Fluglinien an Board der Maschinen. Mittlerweile sind wir bei Austrian Airlines, Lufthansa und Swiss Airlines gelistet und wir wollen dieses Geschäft in der Zukunft noch weiter ausbauen.

Seit 2017 habt Ihr mit dem EYESHAKER ein weiteres Produkt im Portfolio. Wie kam es zu der Idee?

Andreas: Wir haben gesehen, dass es im Bereich Reinigung noch großen Bedarf gibt. Unser Anspruch war, ein cooles Gadget zu launchen, das unseren Ansprüchen gerecht wird: der EYESHAKER.

Wer nutzt ihn?

Andreas: Der EYESHAKER ist für jeden Brillenträger, egal ob Sonnen- oder Korrekturbrille. Unsere Vision ist es, dass in jedem Haushalt und Büro ein EYESHAKER steht.

Und? Wird die Vision Wirklichkeit?

Martin: Die Nachfrage wird immer größer. Der EYESHAKER kommt super an, da man einfach und schnell seine komplette Brille sauber bekommt. Und er sieht auch noch cool aus.

Das Produkt bietet sich eigentlich auch hervorragend für Collabs an.

Andreas: Ja, wir haben seit April eine Kooperation mit Mini Austria. Wir wollen das in Zukunft noch ausbauen. Aber nur mit Marken, die auch zu uns passen.

Produkte jenseits von Seeoo und Eyeshaker launcht Ihr unter dem Markennamen LASNIK. Ihr habt z. B. speziell für den Optiker eine Jacke entwickelt. Warum?

Martin: Wir sehen die Brille als ein Accessoire, auf das man stolz sein darf. Deshalb haben wir eine Jacke entwickelt, bei der die Brille immer sichtbar am Körper getragen wird.

Eine Jacke ausschließlich für den Optiker?

Martin: Natürlich nicht. Wir überlegen uns gerade Wege, die Jacke bekannt zu machen, aber alles step-by-step. Wir haben ja noch ein paar andere Projekte.

Zum Beispiel?

Andreas: Im August haben wir unsere Collaboration mit David Alaba gelauncht, über die wir uns sehr freuen.

Eine Brille?

Andreas: Klar.

Was dürfen wir in Zukunft noch von Euch erwarten?

Gerald: Wir werden auch in Zukunft unseren modischen Ideen freien Lauf lassen. Den Anfang haben wir ja bereits mit unserer ersten Jacken-Kollektion gemacht.

Aber Mode ist doch ein komplett neues Business, in dem man sich auskennen muss.

Martin: Die Mode wird sicher nie unser Hauptgeschäft werden, dennoch finden wir das spannend und wir sind ja auch sehr gut vernetzt.

Das ist ungewöhnlich.

Andreas: Ja, aber als aktiver Fußballprofi war ich bei Dolce & Gabbana auf Fashion Shows eingeladen und bis heute ist dieser Kontakt nicht abgerissen. Wir sind jedes Jahr zu diversen Shows eingeladen. Man kennt sich halt.

Na dann dürfen wir ja noch einiges von Euch erwarten. Viel Erfolg dabei.

 

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