Philippe Starck ist einer der bedeutendsten Designer der Gegenwart. Unter seinem Label STARCK BIOTECH PARIS entstanden schon innovative Entwürfe für unterschiedlichste Produktkategorien – von Alltagsprodukten wie Möbel über Architekturprojekte (Hotels und Restaurants) bis hin zu Großprojekten wie Yachten und Wohnmodule für Weltraumtouristen. Immer wieder verschiebt Philippe Starck dabei die Grenzen und Kriterien des zeitgenössischen Designs.
Wir freuen uns, den gebürtigen Franzosen für ein exklusives SPECTR-Interview gewinnen zu können, denn Philippe ist quasi immer unterwegs und nie lange an einem Ort. Dabei scheut der Kosmopolit Menschenmassen. Er mag es lieber ruhig, sehr ruhig. Seine vier Wohnorte, zwischen denen er hin- und her wechselt, strahlen eine beschauliche Abgeschiedenheit aus. Im historischen Sintra in Portugal, auf der kleinen Glasbläserinsel Burano bei Venedig, auf Formentera und am Cap Ferret nahe Arcachon, wo er Austern züchtet, findet er die Ruhe und Abgeschiedenheit, die für ihn in seinem Schaffensprozess als Inspirationsquelle von großer Bedeutung sind.
Dabei sieht sich der sympathische Franzose überhaupt nicht als Designer im klassischen Sinne. Viel mehr sieht er sich als Creator und Explorer, einen kreativen Entdecker sozusagen. Sein Schaffen folgt einer bestimmten Mission: Eine Kreation, in welcher Form auch immer, muss das Leben von möglichst vielen Menschen verbessern. Die von ihm entworfenen Orte und Objekte müssen in erster Linie „funktional“ und erst dann „schön“ sein.
Starck verfolgt in seinen Entwürfen vor allem das Konzept der Dematerialisierung: „weniger ist mehr“! Seine Produkte sollen aus dem Minimum das Maximum herausholen. Das gilt vor allem für Brillen. Schließlich soll die Priorität nicht auf dem Produkt liegen, sondern auf der Person, welche die Brille trägt – „Human first“ nennt Starck das. Dem Diktat der Reduktion folgt auch seine neueste Brillenkollektion Sphere, deren Entwicklung vier Jahre gedauert hat. Das Besondere ist ein minimalistisches, aber hochfunktionales Gelenk.
Immer wieder müssen wir unser Gespräch zurück zur Brille, zum Design und zur Technologie holen, die Ausflüge in Philosophie und Dialektik sind im Gespräch mit Starck verlockend. Ihm geht es dabei vor allem um die Frage, wo die Reise für die Menschheit hingeht und welchen Beitrag zu einem guten Gelingen er persönlich leisten kann. Welcome to the Philosophy Talk.
Hallo Philippe, danke, dass Du dir Zeit nimmst. Du bist Erfinder, Schöpfer, Architekt, Designer, Art Director – womit identifizierst Du Dich am meisten?
Ich würde mich nicht als Architekten und noch nicht mal als Designer bezeichnen. Um ehrlich zu sein, ich interessiere mich nicht für Architektur oder Design im eigentlichen Sinne. Ich interessiere mich für das Leben und vor allem dafür, wie ich den Menschen helfen kann.
Dann bist Du letztendlich was?
Ich würde mich als Schöpfer und Erfinder bezeichnen. Um die beste Lösung für eine bestimmte Aufgabenstellung zu finden, hilft oft der Blick von außen und eine gewisse emotionale Distanz zu den Objekten, an denen man arbeitet.
Du hast mal gesagt „Niemand muss ein Genie sein, aber jeder muss partizipieren.“ Was meinst Du damit?
Jeder Mensch geht bei seiner Geburt einen Vertrag mit der Gesellschaft ein. Als Mensch kannst du in vielerlei Hinsicht von der Gesellschaft profitieren, aber du musst auch deinen Beitrag leisten. Dabei musst du kein Genie sein, niemand muss ein zweiter Einstein sein, aber jeder hat die Verpflichtung, in seinem Rahmen, einen kreativen Beitrag zu leisten.
Ist Kreativität nicht automatisch einem künstlerischen Kontext vorenthalten?
Nein. Kreativität kann und muss überall sein, sie ist überall gefragt. Kunst ist wahrscheinlich das am wenigsten kreative Territorium in unserer heutigen Gesellschaft.
Welche konkreten Verpflichtungen bestehen für Dich persönlich?
Ich habe zwei Aufgaben in meinem Leben. Ich kreiere und ich liebe meine Frau. Und das zusammen ist ein Fulltime Job.
Wie sieht Deine Arbeits-Philosophie aus?
Meine Arbeit folgt dem Streben nach Kreativität. Jeden Tag sitze ich an meinem Schreibtisch, träumend und in meine Projekte vertieft – von 6 Uhr morgens bis zur ersten Flasche Champagner, die wir üblicherweise um 19 Uhr öffnen. Kreativität ist für mich die einzig existierende Religion, der einzige Weg zu leben und die ultimative Droge.
Das hört sich sehr einnehmend an.
Ja, letztendlich habe ich kein persönliches Leben mehr. Ich bin immer in irgendwelchen Projekten verhaftet. Das ist nicht ganz einfach für die Menschen in meinem privaten Umfeld, da ich immer irgendwie nicht da bin. Ich bin wie ein Geist.
Wann hast Du Deine erste Eyewear Kollektion gelauncht und wie bist Du dazu gekommen?
Die erste Kollektion habe ich vor 26 Jahren mit Alain Mikli entworfen. Ich bin auch vorher schon von anderen Firmen gefragt worden, aber ich habe nicht wirklich gesehen, wie ich diesen hätte helfen können. Bei Mikli hatte ich von Anfang an die Leidenschaft gespürt, das Gefühl, dass er geboren war, um Brillen zu entwerfen. Das hat mir gut gefallen, passt zu meinen Visionen eines innovativen Gelenks und ich habe mich darauf eingelassen.
Was ist beim Brillendesign eigentlich so besonders, verglichen zum Beispiel zum Interior Design?
Nehmen wir z. B. einen Stuhl … dieser ist vom Menschen komplett separiert, das Design findet außerhalb vom Menschen statt. Wenn du hingegen eine Brille designst, dann gestaltest du die Persönlichkeit und die Wirkung des Menschen, der deine Brille trägt. Deswegen bin ich bei Brillen auch gegen verrückte Designs und große Logos. Ich möchte nicht, dass sich Menschen hinter Brillen verstecken, eine Brille soll vielmehr das Wesen eines Menschen dezent unterstreichen. Letztendlich designe ich keine Brillen, sondern die Gesichter der Menschen.
Für welche Werte steht STARCK BIOTECH PARIS?
Kreativität, Technologie, visionäres Denken, Intelligenz, zeitlose Eleganz und Minimalismus, welcher mit einem ökologischen Bewusstsein einhergeht.
Du hast den Terminus Bionism kreiert. Warum ist Bionism so bedeutungsvoll?
Bionism ist nicht der Endzustand der Menschheit, aber es ist ein sehr bedeutender Schritt in der Evolution.
Inwiefern?
Seit einigen Jahren glauben Wissenschaftler, dass die Menschen an einer Evolutionsschwelle angelangt sind. Wir haben ein Limit erreicht – mit unserem Körper und mit unserem Gehirn. Um uns weiter zu entwickeln und intelligenter zu werden, müssen wir Intelligenz von außen zuführen, wir müssen bionisch werden.
Warum?
Als Spezies sind wir verpflichtet, intelligenter zu werden. Das ist die einzige Zukunftschance für die Menschheit. Es gibt keine andere. Und wir sind bereits auf dem Weg. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir allein mittels unserer Gedanken Licht ein- und ausschalten können.
Kommen wir noch mal zum Produkt. Dein Biolink-Gelenk war sehr erfolgreich. Wieso gibt es von STARCK jetzt ein neues Gelenk?
Unser Biolink war unter biomechanischen Gesichtspunkten eigentlich das beste Gelenk. Aufgrund seiner Komplexität war die Herstellung jedoch recht aufwändig und die Brillen demzufolge teuer. Ich möchte jedoch Produkte für jedermann machen, nicht nur für diejenigen mit viel Geld.
Die neue Kollektion heißt Sphere. Was ist nun anders?
Mit Sphere wollten wir eine Gelenktechnologie entwickeln, die genau so bedeutend ist und dem gleichen Qualitätsanspruch gerecht wird, in der Herstellung, aber 30% günstiger ist. Wir haben drei optische und zwei Sonnenbrillen-Styles mit diesem neuen Gelenk entwickelt. Dabei verzichten wir auf Schrauben und gelötete Teile. Die Fronten bestehen aus Gravity Evo und harmonieren besonders gut mit den Titanbügeln.
Was verbindest Du mit Sphere?
Eine Sphäre ist ein perfektes Gebilde. Sie ist gleichzeitig stabil und instabil, sie ist stark und frei und sie ist zeitlos. Unser Sphere-Gelenk ist wie alle guten Erfindungen, sehr einfach. Aufgrund dieses Minimalismus’ haben wir es bei der Sphere mit zeitloser Eleganz zu tun. Die Sphere ist kein Style, es ist das Ergebnis von Philosophie und Technologie.
STARCK-Brillen sind Leichtgewichte. Verwendet Ihr Eco-Kunststoff?
Ich kenne mich in diesem Bereich sehr gut aus und kann garantieren, dass es aktuell kein wirklich organisches Plastik gibt, welches den üblichen Anforderungen an das Material gerecht wird, auch wenn einige das vorgeben und in diesem Zusammenhang viel Eco-Washing betrieben wird. Ich möchte aber auch gerne die Relevanz von Eco-Kunststoff bei der Herstellung von Brillen in Relation setzen.
Wozu?
Wovon reden wir denn eigentlich? Unsere Brillenrahmen wiegen gerade mal ein paar Gramm und werden fünf bis zehn Jahre getragen. Wir dürfen so langfristig genutzte Produkte nicht mit Wergwerfprodukten aus Plastik vergleichen.
Würdest Du Deine neuen Designs als zeitlos beschreiben oder arbeitest Du bereits an neuen Entwürfen?
Zeitlosigkeit ist eine der bedeutendsten Anforderungen, der ein Designer gerecht werden muss. Das ist wahre Ökologie. STARCK BIOTECH PARIS ist nicht Fashion und auch nicht Luxus, wir wollen vor allem intelligente, technologische Lösungen anbieten, denn das ist wirklich sexy. STARCK BIOTECH PARIS ist eine sapio-sexuelle Brand.
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