
Das 1946 gegründete Unternehmen Koberg & Tente ist aus der deutschen Optiklandschaft nicht mehr wegzudenken. Vor zehn Jahren hat das Unternehmen aus Münster die Marke KOBERG ins Leben gerufen, mit der es seine Design- und Fertigungskompetenz unter Beweis stellt. Nicht nur bei der Herstellung der KOBERG-Brillen, sondern im gesamten Wertschöpfungsprozess legt Geschäftsführer Frank Tente großen Wert auf Nachhaltigkeit – eine Herzensangelegenheit.
Hallo Frank, dein Name verrät es, du bist eng mit dem Unternehmen Koberg & Tente verbunden. Seit wann beschäftigst du dich persönlich mit Brillen?
In einem mittelständischen Familienunternehmen wächst man mit dem elterlichen Betrieb auf, so war es bei mir und so ist es auch bei meinen Töchtern. Schon während der Schulzeit habe ich regelmäßig im Betrieb gejobbt. Nach dem Studium habe ich dann die spanische Sportbrillenmarke eassun in Eigenregie im deutschsprachigen Raum vertrieben, um eigene Erfahrungen in der Branche zu sammeln. Produkte zu finden oder zu kreieren, die Kunden mit Begeisterung kaufen und auch wieder verkaufen, treibt mich seitdem an.
Wie würdest du die Philosophie von Koberg & Tente beschreiben?
Koberg & Tente hat sich in den über 75 Jahren am Markt immer wieder verändert. Für mich haben Wertigkeit und Nachhaltigkeit einen sehr hohen Stellenwert. Wir wollen Brillen für verschiedene Zielgruppen anbieten, ohne unsere Grundwerte zu verletzen. So setzen wir nicht auf teure Lizenzmarken, sondern schaffen wertige Produkte in unterschiedlichen Kollektionen für die jeweiligen Zielgruppen. Dabei berücksichtigen wir auch immer den Nachhaltigkeitsgedanken in Bezug auf Ökologie, Ökonomie und Soziales.
Vor zehn Jahren habt ihr die Marke KOBERG gelauncht. Was hat euch dazu motiviert?
KOBERG war die erste Kollektion, die wir (wieder) in Deutschland produziert haben. In sehr enger Zusammenarbeit mit den Designern und dem Produzenten. Wir wollten Brillen ohne Kompromisse herstellen, die unseren Ansprüchen an hochwertige Brillenmode entsprechen, hinter denen wir mit unserem Namen stehen und die wir auch selbst gerne tragen.
Was könnt ihr mit KOBERG machen, was vorher nicht ging?
Wir haben ein ganz persönliches Verhältnis zu Alex Picicci von der Deoma AG, der den größten Teil der KOBERG-Produktion verantwortet. Wir suchen zusammen nach den besten Lösungen, das Design in ein perfektes Produkt zu überführen.
Was zeichnet KOBERG als Brand aus?
KOBERG ist im besten Sinn „normal“. KOBERG braucht keine schrillen Farben oder extravagante Formen. Wir lieben eine klare, schlichte Formensprache, die aber dennoch eine Aussage macht.
Gibt es trotzdem eine besondere Design-DNA, etwas, woran man eure Brillen erkennt?
Ja, zu Beginn hat unser Designer ein schraubenloses zylindrisches Scharnier entwickelt, das das wichtigste Designelement war. Für die Titan-Modelle haben wir dann eine filigranere Lösung gesucht und den Zylinder in ein kleines Plättchen umgewandelt. Geblieben ist aber der besondere, auch farbliche Akzent am Scharnier.
Welche Zielgruppe sprecht ihr mit KOBERG an?
Kunden, die nicht nach einem bekannten Lizenznamen suchen sondern Wert auf ein hochwertiges, in Deutschland gefertigtes Produkt legen. Kunden, die es schnörkellos mögen, aber trotzdem ein Statement setzen wollen.
Auch mit eurer besonderen Bildsprache wollt ihr ein Statement setzen. Wofür steht diese?
Sie steht für die Identität der Marke. Sie ist zeitlos, aber trotzdem relevant. Sie ist puristisch, verzichtet aber nicht auf Ecken und Kanten. Dass sie nicht laut ist, heißt also nicht, dass sie sich zurücknimmt. Sie sticht aus dem allgemeinen Lärm heraus. Und all das entspricht eben auch dem Produkt, der Idee hinter KOBERG und der daraus resultierenden Konsequenz: etwas zu produzieren, das bleibt.
Ihr sprecht in diesem Zusammenhang auch von „gelebter Nachhaltigkeit“. Was verbirgt sich dahinter und auf welchen Ebenen findet diese bei euch statt?
Für uns ist Nachhaltigkeit nicht ein Projekt neben anderen, sondern wir versuchen grundsätzlich alle Prozesse immer auch dahingehend zu hinterfragen, wie wir sie nachhaltiger gestalten können. Das können dann der Transportweg zu uns oder der Versand zum Kunden sein, die Produktverpackung, der Messeauftritt oder auch die Frage nach Seife und Handtüchern im Unternehmen.
Fangen wir bei der Herstellung an. Warum ist „Made in Germany“ für euch wichtig? Wo werden KOBERG-Brillen gefertigt?
Die Edelstahl- und Titanfassungen werden im Wesentlichen von der Deoma AG in Gerlingen gefertigt, die Acetatfronten kommen auch von einem Hersteller in Süddeutschland. Die Endmontage, Kontrolle und Verpackung machen wir selbst in Münster.
Macht euch das auch schneller?
Nicht immer, leider. Aber auf jeden Fall viel flexibler. Wir lagern die Rohfassungen bei uns und können je nach Verkaufszahlen nachproduzieren, ohne auf Mindestmengen achten zu müssen.
In Münster habt ihr vor Kurzem eine neue Montagehalle gebaut. Was ist das Besondere daran?
Die Produktionshalle ist so weit wie möglich aus natürlichen Materialien gebaut. Klar, es braucht auch ein paar Stahlträger, aber alle Wände sind im Holzrahmenbau und mit natürlichen Holzfasern gedämmt. Statt Rigips haben wir Lehmplatten verwendet, die dann entsprechend mit einem Lehm-Stroh-Gemisch in mehreren Schichten verputzt wurden.
Inwiefern erfüllen die von euch verwendeten Materialien Acetat, Edelstahl und Titan euren Anspruch an Nachhaltigkeit?
Grundsätzlich sind alle drei Materialien gut recycelbar. Cellulose-Acetat zersetzt sich z. B. in ein bis drei Jahren, eine PET-Flasche braucht dagegen 450 Jahre. Und der Materialeinsatz bei Brillenfassungen ist ja gar nicht besonders groß. Da bringt es für die Umwelt viel mehr, alle Prozesse neu auszurichten, als einen bestimmten Werkstoff zu verwenden. Wir haben das vor ein paar Jahren einmal in einem Projekt mit Studenten der Uni Münster analysiert.
Euer Anspruch an Nachhaltigkeit spiegelt sich auch in der Beschaffung von Zubehörteilen wider, oder?
Genau! Wir verwenden nur Komponenten von Herstellern aus Süddeutschland und Lacke aus der Schweiz. Und unsere Acetatplatten beziehen wir aus Italien. Aus Japan zu importieren, wo es auch tolle Platten gibt, macht für uns keinen Sinn.
Wie sehen die Verpackungen von KOBERG aus?
Zunächst einmal werden die Brillen nicht in eine Plastiktüte, sondern in einen Leinenbeutel gepackt. Diese kann der Kunde behalten und weiter benutzen oder an uns zurückgeben, damit sie wiederverwendet werden kann. Das KOBERG-Etui ist aus Pappe, weil wir weder Kunstleder noch Plastik mögen.
In welchen weiteren Bereichen lebt ihr Nachhaltigkeit?
Aktuell haben wir zwei neue Bereiche entdeckt, die wir verbessern können: Zum einen haben wir unseren Messestand für die opti so konzipiert, dass alles wiederverwendet werden kann. Eshat uns in den letzten Jahren immer weh getan, wenn wir gesehen haben, wie unglaublich viel ab Sonntagabend auf dem Messegelände einfach weggeworfen wurde, vom Teppichboden bis hin zu ganzen Messeständen. Und mit einigen befreundeten Unternehmen gehen wir gerade das Thema der Stützscheiben an. Die landen sonst bestenfalls im gelben Sack und werden verbrannt. Seit Januar werden Stützscheiben aus PMMA von einigen Herstellern entsprechend gekennzeichnet und über eine gemeinsam organisierte Logistik direkt einem Verwerter zugeführt, um sortenrein in den Kreislauf zurückzugeführt zu werden.
Zu guter Letzt: Was ist in Zukunft für KOBERG wichtiger, Marke und Design oder Nachhaltigkeit?
Die Marke steht und soll auch in Zukunft für beides stehen: zeitloses, tragbares Design mit einer gewissen Aussagekraft unter Berücksichtigung unserer Nachhaltigkeitsziele. Bei KOBERG sind es im Speziellen die lokale Produktion in Deutschland, die daraus resultierenden kurzen Transportwege, die flexible Lagerhaltung zur Vermeidung von Überproduktionen, die ökologische Verpackung, das Stützglasrecycling, das zeitlose Design in hervorragender Qualität für eine langjährige Nutzung und nicht zuletzt die leicht zu recycelnden Materialien für den Zeitpunkt „end of life“. Ich freue mich auf ein bewussteres Konsumverhalten zugunsten langlebiger Produkte und einen hoffentlich abflachenden Fast-Fashion-Trend.
Danke.

photos KOBERG